Digitalisierung im Handwerk Interview mit Handwerk Connected

Digitalisierung im Handwerk: Wie können Personalengpässe vermieden werden?

In diesem Interview sprechen wir mit Natascha Swientek (Mitgründerin Handwerk Connected), über die Chancen der Digitalisierung im Handwerk. Welche digitalen Möglichkeiten bestehen, wenn Aufträge abgesagt werden und Personal effizient eingesetzt werden muss? Oder ein Partner im Fremdgewerk fehlt – wo kann die Suche beginnen? Und wie können Personalengpässe bei Auftragsspitzen kompensiert werden?

Mit einem erfahrenen Team wurden 100 Handwerksbetriebe befragt, vor welchen Herausforderungen sie stehen. Über- sowie Unterlastung waren die Hauptproblematik. Aus diesen Erkenntnissen, entstand eine Plattform, die beim Auslastungsgrad unterstützt und die Digitalisierung in den Betrieben vorantreibt.

1. Digitalisierung im Handwerk – ein sehr umfassendes Thema. Welche Chancen haben sich in den letzten Jahren ergeben?

Natascha Swientek:

Aus meiner Sicht sind die größten Chancen für Betriebe die Zeitersparnis und Fehlervermeidung, wenn digitale Lösungen eingesetzt werden. Es gibt mittlerweile viele, teilweise sehr gute digitale Lösungen für Handwerksbetriebe. Ich denke da an Anbieter, die zum Beispiel Online-Hilfen bei Installation oder Bestellung von Ersatzteilen bieten. Bei der Installationshilfe wird ja auch an sehr spannenden Lösungen mittels AR/VR gearbeitet, die Fehler bei der Installation und Wartung vermeiden oder existierende Fehler schneller finden. 

Zum anderen gibt es Lösungen, die bei einzelnen Prozessschritten unterstützen und dort für eine enorme Zeitersparnis sorgen. Die Digitalisierung im Handwerk ermöglicht eine Automatisierung von Prozessen und verknüpft intelligent die analoge mit der virtuellen Welt.“

2. Wie genau kann Digitalisierung helfen, wettbewerbsfähig zu bleiben?

Dazu ein kleines privates Beispiel von mir: Kürzlich habe ich unseren Gaswasser-Installateur, um ein Reparatur-Angebot gebeten. Das Wand-WC ist beschädigt. Er benötigte nur Fotos übers Smartphone. Kein Besichtigungstermin war nötig, kein Mitarbeiter musste extra zu uns kommen. Und für mich war es auch eine Zeitersparnis. Wie Sie bereits erwähnten, wurde die analoge und virtuelle Welt verknüpft. Er hat den Auftrag aufgrund der schnellen & unkomplizierten Kommunikation erhalten. Julia Manasterni

Natascha Swientek:

Ich denke, hier gibt es mehrere Antworten: Zum einen haben immer mehr Endkunden die Erwartungshaltung, dass ein innovativer & moderner Betrieb auch digitale Hilfsmittel nutzt, auch für die Nachwuchsgewinnung ist es sicher ein wichtiger Aspekt, um interessant für potentielle Auszubildende zu sein und diese natürlich auch über Online-Kanäle zu erreichen. Zum anderen bietet die Nutzung von Plattformen tolle Möglichkeiten für die Vernetzung und Kooperation. Dadurch kann ich als Betrieb auch Leistungen anbieten, die ich nicht im eigenen Portfolio habe. So verliere ich z.B. als kleinerer Betrieb keinen Auftrag gegen einen breiter aufgestellten Betrieb. 

3. Können Sie Tipps nennen, wie das Thema Digitalisierung in einem Handwerksbetrieb umgesetzt werden kann?

Natascha Swientek:

„Beim Austausch mit unseren Mitgliedern ist ein Punkt immer extrem auffällig:

Es gibt nicht den Tipp, wie man die Digitalisierung umsetzt.

Ich denke, dass sich auch und vor allem vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels jeder Betriebsinhaber überlegen muss, an welcher Stelle viel Zeit benötigt wird und wo man Prozesse effizienter gestalten kann, um z. B. die vorhandenen Fachkräfte besser nach ihrer Qualifikation einzusetzen. Was dann ja auch deutlich besser abgerechnet werden kann.

Hier sollte man am besten die einzelnen Unternehmensbereiche anschauen wie:

Wenn die Bereiche gefunden sind, in denen am meisten Zeit „verschenkt“ wird, kann der Inhaber nach und nach Lösungen in seinem Betrieb einführen, wo er den größten Nutzen sieht. 

Wichtig ist es, die Mannschaft zu informieren und mitzunehmen.

Wenn ich Inhaber eines Handwerksbetriebes wäre, würde ich auf jeden Fall auch den Austausch mit anderen suchen, um zu hören, was bei anderen gut oder auch weniger gut funktioniert hat.“

4. Warum ist die Personaldisposition auch ein digitales Thema?

Natascha Swientek:

Aus vielen Gesprächen mit Handwerksbetrieben konnten wir erfahren, dass es schwer ist, Betriebe für Kooperationen zu finden.

Entweder weil bestehende Netzwerke keine Kapazitäten hatten oder weil neue Anforderungen hinzukommen, also Gewerke zu denen noch kein Kontakt bestand. Ein Gründer von Handwerk Connected war lange im Bereich der Personaldienstleistungen für große Unternehmen tätig und die Frage war, wie kann man das, was in der Industrie gut funktioniert, auch für das Handwerk nutzbar machen.

Wir haben dann eine Befragung von 100 Betrieben (aus dem SHK & Elektrobereich) zum Schwerpunkt Auslastungsgrad durchgeführt. Es gab Betriebe auf beiden Seiten, also einige, die in der Überlast waren, aber auch solche, die in der Unterlast waren. Vor diesem Hintergrund haben wir dann eine Plattform entwickelt, wo sich genau diese Betriebe finden und so ihre Auslastung besser managen können. Also eine reine Lösung für das Handwerk, um sich gegenseitig zu unterstützen.

Wichtig ist es genau an der Stelle, an der die Personaldisposition im Betrieb stattfindet, die Nutzung der Plattform zu etablieren um, schnell auf Ausfälle oder Überkapazitäten reagieren zu können.

5. Wie kann der Bereich Personaldisposition gerade mit Fremdgewerken, erfolgreich digital gestaltet werden?

Natascha Swientek:

Das, was früher und bei vielen auch heute noch sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, ist die Recherche und das Abtelefonieren von Betrieben. 

An dieser Stelle müssen digitale Lösungen eingesetzt werden, die eine Kooperationssuche schnell und effizient gestalten. Kein Betrieb hat zu viel Zeit – eher das Gegenteil. 

Mit wenigen Klicks kann geprüft werden, ob man sich gegenseitig unterstützen kann. Eine schnelle Kontaktaufnahme steht im Vordergrund, denn wie bereits erwähnt, ist die Zeitersparnis ein großer Vorteil der Digitalisierung. Betriebe können schnell die richtigen Kooperationspartner für die benötigte Zusammenarbeit bei uns finden.

Ein ganz aktuelles Thema ist für manche Betriebe gerade die schlechte Materialverfügbarkeit, z. B. bei Holz oder auch Kabeln. Wenn sich jetzt Baustellen/Aufträge verschieben, kann ich über Handwerk Connected anderen Betrieben meine Unterstützung anbieten und so trotzdem Arbeitsstunden berechnen.“

6. Das Kooperationen im Fremdgewerk auch digital geschlossen werden, ist für viele Betriebe eine neue Vorgehensweise. Wie genau, sieht eine Zusammenarbeit dann aus? Worauf müssen Betriebe achten?

Natascha Swientek:

Neu ist ja eigentlich nur die Art & Weise wie man sich findet, nämlich online. Hier spart man sich den teilweise langen und zeitaufwändigen Prozess, Betriebe die zu einem selbst passen telefonisch zu finden. Durch die, bei Bedarf, detaillierten Abfragemöglichkeiten findet man auch z.B. bei gesuchten Spezialisten für eine bestimmte Tätigkeit, schnell den richtigen Betrieb. Die rechtlichen Grundlagen unterscheiden sich nicht zu denen einer analogen Kontaktanbahnung. Hier bieten wir eine Checkliste und Musterverträge, die aber auf jeden Fall für´s eigene Gewerk und den jeweiligen Nutzungsfall angepasst werden müssen.

7. Aus Ihrer Erfahrung: Welche Vorteile bietet die Digitalisierung im Handwerk in Bezug auf das Thema „Personalengpass“?

Natascha Swientek:

Aus meiner Erfahrung, sind die Vorteile im Einzelnen: 

  • Schnell & einfach starke Partner aus Fremdgewerken finden,
    um Aufträge oder Großbaustellen gemeinsam umzusetzen.
  • Die Auslastung der Mitarbeiter bei Verschiebung oder Absagen
    auch kurzfristig sicherzustellen.
  • qualifizierte Unterstützung von anderen Handwerksprofis schnell & bedarfsgerecht zu finden,
    um Auftragsspitzen oder Personalengpässe zu meistern.“

8. Ein Betrieb interessiert sich für Ihre digitale Lösung und möchte seine Mitarbeiter erfolgreich einsetzen. Wie sehen die 1. Schritte für ihn aus? 

Natascha Swientek:

Die Anmeldung bei uns geht sehr schnell. Nach der Auswahl der Mitgliedschaft gibt der Betriebsinhaber/-in über eine geführte Eingabemaske einige Eckdaten zur Erstellung seines Firmenprofils ein und kann dann das Profil oder die Profile seiner Mitarbeiter hinterlegen. Diese Daten sind immer verschlüsselt und niemals für andere sichtbar. Über kleine Videos wird die Eingabe jeweils erläutert. Wir empfehlen die Mitarbeiter zu informieren und auch die Erlaubnis der Mitarbeiter einzuholen. Transparenz ist hier wichtig, um Konflikte zu vermeiden. Dazu bieten wir auch Informationen und Muster auf der Plattform. Natürlich bieten wir auch persönlichen Support, wenn das gewünscht ist. Jetzt kann er/sie sofort loslegen und über das Angebot oder die Suche geeignete „Matches“ finden & Kontakt aufnehmen.

9. Können Sie von einem Kooperationsbeispiel berichten?

Natascha Swientek:

Wir haben schon einige erfolgreiche Kooperationsbeispiele. Wir hatten z. B. eine Kooperation, bei der sich gleich 4 Betriebe zusammengefunden haben: ein Sanitär-Betrieb, ein Fliesenleger, ein Elektriker und ein Maler, die gemeinsam die Bäder in einem neugebauten Mehrfamilienhaus gemacht haben.

Hier war die Zeit knapp und dem Bauplaner waren einige Handwerker abgesprungen. Der Sanitär-Betrieb hat dann über Handwerk Connected schnell die fehlenden Gewerke gefunden und so konnte die Baustelle in time fertiggestellt werden.


„Ich bedanke mich, für das ausführliche Interview und hoffe, unsere Leser konnten einen Einblick in die Möglichkeiten der Digitalisierung im Handwerk bezüglich bei Personalengpässen erhalten.“
Julia Manasterni – ObjectCode GmbH


Natascha Swientek ist Mitgründerin der Plattform Handwerk Connected und Ansprechpartnerin für die Bereiche Marketing & Vertrieb.

Mehr Informationen und Kooperationsbeispiele finden Sie auf www.handwerkconnected.de.

Kontaktdaten:

HANDWERK CONNECTED GMBH
Friedhofstr. 22
42929 Wermelskirchen
info@handwerkconnected.de
Telefon 02196 88 49 660

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